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Syrisch-orth. Kloster Mar Gabriel in der Türkei

Ein Schmuckstück der Südosttürkei: das syrisch-orthodoxe Kloster Mar Gabriel. Grossgrundbesitzer und angrenzende Gemeinden haben ein Auge auf den Kirchengrund geworfen. Sie wollen sich den Besitz aneignen. Foto: Horst Oberkampf 

Syrisch-orthodoxe Christen stehen in der Türkei am Pranger - Prozesslawine bedroht das Kloster Mar Gabriel
Vordergründig geht es um Land, in Wahrheit wohl mehr um den Status der christlichen Minderheit in der Türkei. Gegen sie ist ein Kesseltreiben ausgebrochen. Das Kloster Mar Gabriel ist ein Beispiel dafür
17.12.2008

Braune Erde, trockenes Gras, Olivenbäume sind im Blick. Der Tur Abdin, ein Landstrich in Südostanatolien, ist karges Land. Um Jahrhunderte zurückgeworfen wirken die alten Dörfer unweit der Stadt Midyat. Und doch ist die heute überwiegend von Kurden bewohnte Grenzregion zum Nordirak reich - reich an Geschichte und Kultur. Das syrisch-orthodoxe Kloster Mar Gabriel wurde hier im Jahr 397 gegründet. Es ist eines der ältesten Klöster der Christenheit und geistliches Zentrum für die noch in der Region lebenden syrischen Christen. Gottesdienste in aramäisch, der Sprache des frühen Christentums, gibt es hier, und Unterricht für die jungen Syriani in ihrer alten Tradition. Daran knüpft sich Streit. Das Kloster mit seinen 75 Bewohnern wird von einer Prozesslawine überrollt.
Gleich mehrere Verhandlungstage vor dem Verwaltungsgericht in Midyat stehen an. Nächster Prozesstag ist am Freitag. Vordergründig geht es um Boden. Die an das Kloster angrenzenden Gemeinden Candarli, Eglence und Yayvantepe reklamieren Klostergrund für sich. Der Zeitpunkt dafür ist günstig. Erstmals wird im Osten des Landes Boden katastriert. Das hat Begehrlichkeiten in den Dörfern, bei kurdischen Großgrundbesitzern und den mit staatlicher Unterstützung agierenden so genannten Dorfschützern geweckt. Im Tur Abdin sind viele Flächen verwaist, da etliche Bewohner die Region verlassen haben. Armut trieb sie fort und die anhaltenden Kämpfe zwischen der türkischen Armee und der kurdischen PKK. Vor allem Christen kehrten der Türkei in den vergangenen Jahrzehnten den Rücken. Lebten bis 1975 noch 75 000 syrisch-orthodoxe Christen im Land, sind es 30 Jahre später noch gerade 2000. Das hat Konsequenzen: Wer über einen ausländischen Pass verfügt, kann sein Eigentum nicht mehr eintragen lassen. Auch wer 20 Jahre lang nicht auf seinem Grund war, verliert den Besitz an den türkischen Staat. Das hat in den vergangenen Jahren einzelne Syriani zur Rückkehr bewegt. Sie sind nicht mehr wohl gelitten. Brandstiftungen, Überfälle und Anschläge machten deutlich, was die überwiegend muslimische Bevölkerung von ihren alten-neuen Nachbarn hält. "Der Streit um das Kloster Mar Gabriel ist auch ein Angriff gegen jene, die zurückkommen wollen", sagt Fikri Aygur, der stellvertretende Vorsitzende der Europäisch syrianischen Union in Brüssel. "Das Kloster ist zum Symbol geworden."

Der Plan der Beschwerdeführer, sich über die Registrierung Land anzueignen, misslang. Aus dem juristischen Streit ging der türkische Staat als Sieger hervor - zum Schaden des Klosters. Die Regierung setzte vor Gericht durch, dass die Grünflächen innerhalb der Klostermauern offiziell als Wald gelten. Da Wald nach türkischer Lesart nicht bewirtschaftet wird, gehöre der Grund der Allgemeinheit, sprich dem Staat. Eine Auslegung, die nun vom Kloster in einem Anschlussverfahren bestritten wird. Über dem syrianischen Zentrum unter Leitung des Erzbischofs Samuel Aktas brauen sich noch andere dunkle Wolken zusammen. Da wird von Verschwörung gemunkelt, wird mit dem Vorwurf der Missionierung von Muslimen böse Stimmung gemacht. Überhaupt stehe das "Zentrum der Ungläubigen" dem Islam feindlich gegenüber. Die überaus gefährlichen Gerüchte ziehen handfeste Drohungen nach sich. Auf diese Weise soll das Kloster zur Aufgabe gezwungen werden. Die Syriani wären ihrer spirituellen Heimat beraubt, die Christenheit einer mehr als 1600 Jahren alten geistlichen Stätte. "In der Vergangenheit wurde immer wieder der Verdacht geäußert, dass die türkische Staatsmacht keine Beobachter in der Region will", erklärt Otmar Oehring, Menschenrechtsreferent beim Katholischen Missionswerk Missio. Der Tur Abdin ist politisch gesehen heißes Land. Türkisches Militär geht hier immer wieder massiv gegen Kurden vor. An Augenzeugen hat Ankara offensichtlich kein Interesse. "Die Minderheit wird mehr und mehr in die Zange genommen", beklagt Oehring. Möglicherweise ist eine Enttäuschung über die reservierte Haltung Brüssels gegenüber einer EU-Mitgliedschaft Grund für die neue Zuspitzung, möglicherweise aber auch ein innenpolitischer Konflikt. Nachdem eine Aufnahme der Türkei in die EU immer unwahrscheinlicher wird, habe die Regierung in Ankara kein Faustpfand mehr gegen die Armee und konservative Kreise von Kemalisten in der Hand, vermutet die Grünen-Europapolitikerin Heide Rühle. Hütern des "wahren Türkentums" sind all jene suspekt, die nicht sunnitischen Glaubens sind, beziehungsweise deren Muttersprache nicht Türkisch ist. Das richtet sich in erster Linie gegen Kurden, doch auch Alewiten, Yesiden und Christen sind von der Ausgrenzung betroffen. Oehring: "Es gibt ein Kesseltreiben gegen alle Minderheiten in der Türkei". Vergessen scheint der völkerrechtlich bindende Vertrag von Lausanne aus dem Jahr 1923, in dem die Türkei anerkannten Minderheiten eine Fülle von Rechten zugebilligt hat - auch jenes, die eigene Kultur fortzuentwickeln. In die Ferne gerückt auch das 2004 mit der EU vereinbarte Harmonisierungsgesetz, das den Schutz von Minderheiten festschreibt. Zu ihm gehört auch der Unterricht in nichttürkischer Sprache, der in Mar Gabriel als Zusatzschulung für die an der orthodoxen Liturgie interessierten jungen Männer angeboten wird. Doch Ankara hat sich vertan. "Die Türkei glaubte einfach nicht, dass die Belange eines Klosters den Westen interessieren könnten", sagt Fikri Aygur. Mar Gabriel beschäftigt inzwischen die Bundesregierung. Sie und andere europäische Staaten haben Prozessbeobachter entsandt. Auch die Europäische Kommission ist wachsam. Die Grünen-Politiker Heide Rühle und Cem Özdemir haben eine entsprechende Anfrage gestellt. Rühle: "Die Beziehung zwischen der Türkei und der EU hat sich verschlechtert. Das wirkt sich schnell auf die Minderheiten aus."

ELISABETH ZOLL
Quelle: HZ-online

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